Luftverschmutzung

Naturmedizin 3/2020

Verkürzte Lebenserwartung!

Verschmutzte Luft ist gesundheitsschädlich und erhöht das Risiko für Herz- Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie und der Universitätsmedizin Mainz haben in einer neuen Studie berechnet, dass Luftverschmutzung die Lebenserwartung der Menschen im globalen Durchschnitt stärker verringert als Infektionskrankheiten oder andere Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen.
Danach verursachte Luftverschmutzung im Jahr 2015 weltweit 8,8 Millionen vorzeitige Todesfälle. Dies entspricht einer durchschnittlichen Verkürzung der Pro- Kopf-Lebenserwartung von 2,9 Jahren. Im Vergleich dazu reduziert Rauchen die Lebenserwartung um durchschnittlich 2,2 Jahre, HIV / Aids um 0,7 Jahre, parasitäre und durch Vektoren – also durch Lebewesen wie Stechmücken oder Läuse – verursachte Krankheiten wie Malaria um 0,6 Jahre.
„Da die Auswirkungen auf die Gesundheit so enorm sind und die Bevölkerung weltweit betreffen, könnte man sagen, dass unsere Ergebnisse auf eine Luftverschmutzungspandemie hindeuten“, sagt Prof. Dr. Jos Lelieveld, Direktor am Max- Planck-Institut für Chemie und Erstautor der Studie.
 
Feinstaub und Gefäßschäden
Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen einer Schadstoffexposition und dem Auftreten von Krankheiten. Um die weltweite Belastung mit Schadstoffen, wozu vor allem Feinstaub und Ozon zählen, zu berechnen, verwendeten die Forscher ein atmosphärenchemisches Modell: Dann kombinierten sie die daraus resultierenden Expositionsdaten mit dem Global Exposure – Mortality Model, das auf epidemiologischen Kohortenstudien basiert. Mithilfe dieser Daten wurden die Auswirkungen verschiedener Verschmutzungsquellen kalkuliert. Dabei differenzierten die Wissenschaftler zwischen Emissionen natürlichen Ursprungs, wie beispielsweise durch Waldbrände oder Wüstenstaub, und anthropogenen – das heißt, von Menschen verursachten – Quellen wie beispielsweise der intensiven Nutzung fossiler Brennstoffe. Basierend auf diesen Ergebnissen haben die Wissenschaftler dann eine krankheitsspezifische Sterberate und den Verlust der Lebensjahre in allen Ländern der Welt berechnet.
Die Studienergebnisse zeigen: Die durch die Luftverschmutzung verursachte vorzeitige Sterblichkeit ist in Ostasien und Südasien am höchsten, gefolgt von Afrika, Europa, Nord- und Südamerika. Australien hat die niedrigste Sterblichkeitsrate – und die strengsten Luftreinhaltungsstandards.
„Wir verstehen mehr und mehr, dass Feinstaub in erster Linie Gefäßschäden und damit Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche begünstigt. Daher erachten wir es als äußerst wichtig, dass Luftverschmutzung als kardiovaskulärer Risikofaktor sehr ernst genommen wird und in den Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zu den Bereichen Prävention des akuten und chronischen koronaren Syndroms sowie Herzinsuffizienz ausreichend Niederschlag findet“, ergänzt der Kardiologe Münzel.
Der Großteil der verschmutzten Luft stammt aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe. So schätzen die Forscher, dass die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit um etwas mehr als ein Jahr steigen würde, wenn die Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe wegfallen würden.
 
In Europa zwei Jahre Lebenszeitverkürzung
Die Forscher der Universitätsmedizin Mainz und des Max-Planck-Instituts für Chemie haben im vergangenen Jahr eine ähnliche Studie veröffentlicht, die sich mit den Folgen der Luftverschmutzung in Europa befasste: Danach sterben jedes Jahr fast 800.000 Europäer vorzeitig an Krankheiten, die durch Luftverschmutzung mitverursacht werden. Verschmutzte Luft verkürzt die Lebensdauer der Europäer im Schnitt um mehr als zwei Jahre.
Quelle: Lelieveld J. et al.: Loss of life expectancy from air pollution compared to other risk factors by country. 2020 Cardiovascular Research; doi: 10.1093/cvr/cvaa025

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