Eine Lupe zeigt auf Pb - Blei - Nr. 82 im Periodensystem der Elemente.

Bedenkliche Stoffe in Nahrungsergänzungsmitteln

Naturmedizin 2/2024

Kasuistik: Bleivergiftung durch NEM

Bei Bauchschmerzen, mikrozytärer Anämie und basophiler Tüpfelung sollte man eine Bleivergiftung in Betracht ziehen. Die Frage nach der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) kann wichtige Hinweise für die Ursachenforschung geben.
Praxisfazit
Neben Bauchschmerzen, mikrozytärer Anämie und basophiler Tüpfelung können Kopfschmerzen, Müdigkeit und kognitive Beeinträchtigungen Hinweise auf eine Bleivergiftung sein. Die Untersuchung des Blutbleispiegels kann eine unnötige Diagnostik vermeiden – Haar- und Urintests sind nicht aussagekräftig. Aufgrund unzureichender Evidenz für die Wirksamkeit der Chelattherapie sollte man diese individuell und unter Expertenrat erwägen.

Eine 39-Jährige kam innerhalb von sechs Wochen zum dritten Mal mit Unterleibsschmerzen, Obstipation, Übelkeit und Erbrechen in die Notaufnahme eines kanadischen Krankenhauses. Ihre Vitalparameter waren normal, ihr Hb-Wert betrug 67 g/l (normal: 115–155 g/l) mit einem MCV-Wert im Normbereich (88,5 fl). Das Blutbild zeigte außerdem eine basophile Tüpfelung, eine leichte Mikrozytose und eine Hypochromasie ohne Hämolyse. Weitere Untersuchungen waren ohne Befund. Der Hb-Wert lag nach Transfusionen bei 70 g/l. Die Entlassungsdiagnose lautete Anämie unbekannter Ursache. Bei der zweiten Nachuntersuchung vier Wochen nach Entlassung zeigte das Porphyrie-Screening erhöhtes Koproporphyrin III und δ-ALA. Auf weitere Nachfrage gab die Patientin an, seit über einem Jahr täglich ayurvedische Medikamente zur Fertilitätssteigerung einzunehmen. Sie hatte die Einnahme vor Hospitalisierung wegen der Unterleibsschmerzen unterbrochen, sie aber nach der Entlassung fortgesetzt. Ihr Blutbleispiegel betrug 55 μg/dl (normal < 2 μg/dl). Die Patientin setzte die ayurvedischen Arzneien ab und unterzog sich einer Chelattherapie. Der Bleispiegel lag kurz nach der Chelattherapie bei 19,5 μg/dl und ein Jahr später bei 12,1 μg/dl. Die Patientin berichtete über eine Besserung ihrer Symptome. Sechs Monate nach der Chelattherapie war ihr Hb-Wert wieder im Normbereich.

Quelle: Gitelman J et al.: Lead toxicity from Ayurvedic medicines. CMAJ 2023; 195(30): E1010-E1012 
ICD-Codes: T56.
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