Große prospektive Kohortenstudie in Deutschland

Naturmedizin 4/2019

Erhöhes Parkinson-Risiko durch Magen-Darm-Infekte

Es liegen neuroanatomische Hinweise vor, dass der Morbus Parkinson im enterischen Nervensystem beginnen könnte. Jetzt untersuchten deutsche Ärzte in einer prospektiven Kohortenstudie, ob gehäufte Gastrointestinal- Infektionen (GII) das Parkinson-Risiko erhöhen können. So scheint es in der Tat zu sein.
Kommentar
Den robusten Zusammenhang von GI-Infektionen und Parkinson- Erkrankung könnte ein Modell erklären: Beim Morbus Parkinson breitet sich aggregiertes a-Synuclein prionartig von der Peripherie (z. B. Plexus entericus) über den Vagusnerv zum ZNS hin aus. Bakterielle und virale Erreger, die die Schleimhaut des GI-Trakts durchbrechen, können die Aggregation von a-Synuclein in enterischen Neuronen auslösen und ihren retrograden Transport zum ZNS initiieren. Zudem exprimieren mehrere Darmbakterienarten Amyloid-Proteine, die die a-Synuclein-Aggregation fördern könnten. Unter anderem zeigen Darmwandbiopsien nach Norovirus-Infektionen eine erhöhte a-Synuclein-Expression in enterischen Neuronen, die Monate nach Abklingen der Infektion fortbestehen.
Eine Stichprobe der größten deutschen Krankenkasse (AOK) wurde vom 1. Januar 2005 an durchschnittlich 8,6 Jahre (median: 11,0 Jahre) nachbeobachtet. Von 228.485 Über-50-Jährigen litten 50.492 Personen (22,1 %) an GII.
Am häufigsten traten eine infektiöse Gastroenteritis und Kolitis nicht spezifizierten Ursprungs (Infectious gastroenteritis and colitis of unspecified origin, IGCU; n = 39.093, 17,1 %) auf, gefolgt von Darminfektionen durch Viren (VII; n = 9.328, 4,1 %) und durch Bakterien (BII; n = 9.298, 4,1 %).
Insgesamt 6.195 Personen (2,7 %) entwickelten einen Morbus Parkinson. Die kumulative Parkinson-Inzidenz war bei den Personen mit GII signifikant höher (p = 0,001). Bei einer Inzidenzrate von 4,69 vs. 2,95 ergab die multivariate Regressionsanalyse gegenüber der Kontrollgruppe ein um 42 % erhöhtes Parkinson-Risiko (Hazard Ratio: 1,42; 95 %-KI: 1,33 - 1,52).
Subgruppenanalysen zeigten durchgängig positive Assoziationen zwischen den GII und der Parkinson- Erkrankung: Dies betraf Männer (HR: 1,48) und Frauen (HR: 1,38) sowie Personen im Alter von ≥ 70 Jahren (HR: 1,25) sowie Personen mit und ohne chronisch obstruktive Lungenerkrankung (HR: 1,40 bzw. 1,43). In einer Sekundäranalyse erhöhten alle Arten von GII, also BII, VII und IGCU, das Parkinson-Risiko vergleichbar stark (HR: 1,30, 1,31 bzw. 1,34).
Quelle: Nerius M et al.: GI infections are associated with an increased risk of Parkinson‘s disease. Gut 2019 [Epub 14. Juni; doi: 10.1136/gutjnl-2019-318822]

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