Auge eines Mannes, stark gerötet.

Der Einfluss systemischer Entzündungen

Naturmedizin 1/2024

Die Rolle des Darmmikrobioms bei Augenkrankheiten

Mit einer Darmdysbiose geht häufig eine gestörte Immunreaktion einher. Eine erhöhte Darmpermeabilität kann zu einer systemischen Entzündung führen, die vor allem durch die Produktion von inflammatorischen Zytokinen und Veränderungen der B- und T-Zellen ausgelöst wird. Diese Entzündungsprozesse begünstigen nicht nur die Entstehung von Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- und Atemwegserkrankungen, sondern sind auch an der Pathogenese von Augenerkrankungen beteiligt. Aus den neuesten Erkenntnissen zu diesem Zusammenhang lassen sich erste therapeutische Ansätze ableiten.
Praxisfazit
Belastbare Daten liegen vor allem zu Veränderungen des Mikrobioms bei der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) und dem retinalen Gefäßverschluss (RAO) vor: Bakterien der Klasse Negativicutes, die zum Stamm der Firmicutes gehören, haben Potenzial als Biomarker für AMD. Beim RAO scheinen vor allem Actinobacteria, deren DNA in atherosklerotischen Plaques nachgewiesen wurde, und Bakterien der Gattung Akkermansia aufgrund ihrer Rolle im Cholesterinstoffwechsel therapeutische Angriffspunkte zu sein.

Die Retina gilt als immunprivilegiertes Gewebe, das von der Blut-Retina- und der Blut-Kammerwasser-Schranke sowie der tolerogenen Immunantwort geschützt wird. Normalerweise sorgt das Immunprivileg des Auges dafür, dass bestimmte Gewebefunktionen bewahrt und schädliche Immunreaktionen verhindert werden, indem es die Entstehung von intraokularen Entzündungen moduliert – allerdings bei eingeschränkter Regenerationsfähigkeit. Gleichzeitig bieten immunprivilegierte Zellen Pathogenen die Möglichkeit zur Immunevasion. Das Auge ist aufgrund seines Immunprivilegs also anfälliger für Entzündungsprozesse, die durch eine Darmdysbiose verursacht werden können. Ein möglicher Mechanismus ist die bakterielle Translokation aus dem Darm ins Auge.

Um die Funktion der Darmbarriere aufrecht zu erhalten und Entzündungen zu verhindern, können Strategien zur Mikrobiom-Modulation von Vorteil sein – auch wenn nicht bekannt ist, ob die geschädigte Darmbarriere Ursache oder Folge einer Dysbiose ist. Ein Autorenteam hat ein Review durchgeführt, um die Rolle des Darmmikrobioms bei Augenerkrankungen genauer zu beleuchten.

Altersbedingte Makuladegeneration (AMD): Negativicutes im Blick

Forschende haben in einer Studie mit 57 AMD-Patient:innen und 58 Kontrollpersonen herausgefunden, dass AMD-Patient:innen eine höhere Abundanz von Negativicutes hatten, während bei den gesunden Personen häufiger Oscillobacter und Bacteroides vorhanden waren. Darüber hinaus beobachteten die Wissenschaftler:innen auf Phylum-Ebene eine Verschiebung der relativen Häufigkeit von Firmicutes auf Kosten von Bacteroidetes bei AMD-Patient:innen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine hohe Firmicutes-Bacteroidetes-Ratio mit Adipositas assoziiert ist, welche wiederum einen Risikofaktor für AMD darstellt. Negativicutes, die zum Phylum Firmicutes gehören, hatten das größte Potenzial zur Unterscheidung zwischen AMD-Patient:innen und gesunden Kontrollen. Das zeigt, dass eine Mikrobiomanalyse einen diagnostischen Wert für die AMD haben kann.

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