Professor Schröder, der Lockdown hatte nach Ihrer Auswertung einen massiven Einfluss auf das psychische Wohlbefinden. Welche Ergebnisse haben Sie am meisten überrascht?
Ich habe mir englische Daten angeschaut, die direkt nach psychischen Auswirkungen fragen. Dabei zeigte sich in der Tat: Die Chance, sich depressiv oder unglücklich zu fühlen, sowie Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen zu haben, hat sich in etwa verdoppelt. Jetzt gibt es aber deutsche Daten und die zeigen: Die Einsamkeit hat etwas zugenommen, aber die Menschen sind nicht generell weniger zufrieden mit ihrem Leben. Die Deutschen sind insofern im Vergleich zu anderen Ländern ziemlich glimpflich durch die Corona-Krise und den Lockdown gekommen.
Wie erklären Sie sich, dass Jugendliche und junge Erwachsene am meisten litten?
Das wird wahrscheinlich daran liegen, dass sie ihr Leben durch den Lockdown viel mehr einschränken mussten. Es hört sich nicht nett an, aber wenn Sie alt oder krank sind, sitzen Sie sowieso viel zu Hause rum, dann ändert auch der Lockdown nicht mehr viel.
Der Kontakt zu anderen Menschen ist wichtig, um glücklich zu sein. Social-Distancing wird auch nach dem Lockdown viele Bereiche unseres Lebens beeinflussen. Können wir uns adaptieren, oder wird es weitere Auswirkungen haben?
Das sehe ich relativ unkritisch. Ja, es ist extrem wichtig, soziale Kontakte wie beispielsweise gute Freunde zu haben, auch eine Partnerschaft etc. Aber in der Öffentlichkeit eine Maske zu tragen und eher nicht zu Großveranstaltungen zu gehen, hindert uns ja nicht daran, enge Freunde oder eine Partnerschaft zu haben.
Sollte es einen erneuten Lockdown geben: Gibt es Ihrer Meinung nach überhaupt durchführbare Strategien, die psychischen Auswirkungen der sozialen Isolation abzufedern?
Absolut. Innerhalb dessen, was aus virologischer Sicht unbedenklich ist, sollte man Menschen möglichst viel Autonomie lassen. So spricht ja wenig dagegen, sich mit einigen wenigen Menschen weiterhin zu treffen, selbst wenn Sie enge Clubs in geschlossenen Räumen ohne Luftzirkulation geschlossen bleiben. Auch, dass wie bisher Menschen weiter rausdürfen, ohne anderen nahe zu kommen, scheint ja virologisch unbedenklich und hat nach allem, was die Daten zeigen, einen positiven Einfluss. Und so geht es weiter. Menschen brauchen Kontakt. Aber den kann man weitgehend auch so zulassen, dass er virologisch unbedenklich ist.
Vielen Dank für das Gespräch!
Martin Schröder: Wann sind wir wirklich zufrieden? Überraschende Erkenntnisse zu Arbeit, Liebe, Kindern, Geld. C. Bertelsmann, 2020.
Mehr Informationen: Martin Schröder: The effect of the Covid-19 pandemic on human well-being.