Neuropsychiatrische Symptome im Zusammenhang mit dem Gebrauch synthetischer Glukokortikoide sind u. a. Depressionen, Manie und Delir. Oft spricht man von einer „Steroid-Psychose“. Studien haben gezeigt, dass die Überexposition mit Glukokortikoiden lang anhaltende Effekte auf das Gehirn haben kann. Beispielsweise wurde bei Patient:innen mit Cushing-Syndrom, bei denen ein Hypophysentumor für einen chronischen endogenen Glukokortikoid-Überschuss sorgt, eine globale zerebrale Atrophie, eine verringerte kortikale Dicke sowie ein Volumenverlust der grauen Masse in spezifischen Hirnarealen beschrieben.
Eine Forschungsgruppe aus dem UK nahm den Einfluss synthetischer Glukokortikoide auf das Gehirn nun genauer unter die Lupe und berücksichtigte dabei erstmals auch ICS. Sie verglichen Hirn- MRT-Daten von 222 Patient:innen mit systemischer und 557 mit inhalativer Kortikoidtherapie mit denen von 24.106 nicht Kortikoid- therapierten Kontrollen.
Sowohl die systemische als auch die inhalative Glukokortikoid- Therapie war mit einer reduzierten Integrität der weißen Masse assoziiert, wobei der Effekt bei der systemischen Anwendung deutlich stärker ausgeprägt war.
Geringer Effekt bei ICS
Ergänzend zu den MRT-Daten lagen auch Ergebnisse von sechs kognitiven Tests und Angaben zu emotionalen Symptomen vor. Nur bei Patient:innen mit systemischer Kortikoidtherapie stellte man eine schlechtere Performance im Digit symbol substitution Test (Aufmerksamkeit und wahrnehmende motorische Geschwindigkeit) fest. Zudem berichteten diese Patient:innen häufiger als die Kontrollgruppe über depressive Symptome, Desinteresse, Anspannung oder Unruhe sowie Müdigkeit und Lethargie (Odds Ratio, OR 1,76 - 1,90). Mit ICS therapierte Patient:innen gaben lediglich häufiger Müdigkeit und Lethargie an (OR 1,35).
Ein kausaler Zusammenhang lässt sich aufgrund des Studiendesigns nicht ableiten, ist aus Sicht der Autor:innen aber wahrscheinlich. Insgesamt waren die beobachteten Effekte, die vermutlich von der Dosis und der Dauer der Kortikosteroidtherapie abhängig sind, beim Einsatz von ICS vergleichsweise klein. Auch wenn noch nicht klar ist, inwieweit sie klinisch relevant sind, sollte man die Zusammenhänge im Hinterkopf behalten und bei der Gabe von ICS auf eine adäquate Dosierung achten. OB