Die App soll über digitales Coaching eine ganzheitliche Behandlung von Erektionsstörungen ermöglichen. Was verstehen Sie unter ganzheitlich?
Erektionsstörungen haben heterogene Ursachen, die sich auch überlagern können. Beispielsweise können sich zu Durchblutungsstörungen des Schwellkörpers aufgrund kardiovaskulärer Risikofaktoren, wie dem Metabolischen Syndrom, psychische Komponenten addieren. Hier sind Stress und Versagensängste zu nennen. Die Kranus Edera App behandelt sowohl die Problematik einer schlechten Durchblutung, durch kardiovaskuläres Training, Phy- siotherapie und Beckenboden- übungen, als auch den psychischen Aspekt über Achtsamkeitstraining und Sexualtherapie. Darüber hinaus erhält der Patient Informationen über relevante Zusammenhänge von Erektionsstörungen und assoziierte Themen, wie Gesundheitsprävention und Ernährung.
Die Inhalte des Therapieprogramms, also Beckenbodentraining, Physiotherapie, Ausdauertraining, Achtsamkeit, Sexualtherapie, Lebensstilfaktoren wie Ernährung oder Stressmanagement – das klingt nach den 5 Säulen der Naturheilkunde, wie schon Kneipp sie formuliert hat.
Die fünf Säulen der Naturheilkunde nach Kneipp sind ja Lebensordnung, Wasser, Bewegung, Ernährung und Pflanzenheilkunde. Bei den Aspekten „Lebensordnung, Bewegung und Ernährung“ gibt es durchaus Überlappungen mit der App. Es macht Sinn bei der Behandlung von erektiler Dysfunktion eine holistische Perspektive einzunehmen, die unterschiedliche Lebensbereiche betrachtet, diese aber auch im Zusammenhang sieht.
Wie würden Sie die Indikationen der App beschreiben? Was kennzeichnet die Zielgruppe?
Wir haben mit der App Männer mit unterschiedlichen Ursachen der erektilen Dysfunktion im Alter zwischen 20 und 80 Jahren erfolgreich behandelt. Je nach Bedarf können im Programm unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, es eignet sich deswegen grundsätzlich für alle Betroffenen. Die Komplexität und Intensität der Übungen wird basierend auf dem Feedback der Patienten angepasst, sodass auch individuelle Fitness- und Gesundheitszustände berücksichtigt werden können.
Das in der App beschriebene Therapieprogramm muss gegen die blaue Pille konkurrieren. Welche Vorteile hat es, auf die blaue Pille zu verzichten und anstattdessen das Programm zu machen?
Wir sehen, dass die Therapie per App alleinstehend, aber auch in Kombination mit Potenzpillen eine gute Wirkung erzielt. Ein entscheidender Vorteil ist jedoch, dass die App, im Gegensatz zu Medikamenten, von den Krankenkassen erstattet wird. Das ist ein absolutes Novum in der Behandlung von Erektionsproblemen und aus Patientensicht nicht zu unterschätzen. Die Verordnung wird anhand der GOP 01470 vergütet und erfolgt extrabudgetär auf Rezept. Ein weiterer Vorteil gegenüber Medikamenten ist, dass die Therapie per App keine Nebenwirkungen hat. Einige Patienten vertragen die “blaue Pille” nicht oder wollen sie einfach nicht (mehr) einnehmen. Zusätzlich können bei der Anwendung positive gesundheitliche Kollateraleffekte entstehen, wie die Verbesserung des kardiovaskulären Trainingszustands, Gewichtsabnahme und eine allgemeine Verbesserung des Lebensgefühls.
Ist die Studie zur klinischen Effektivität der App peer reviewed veröffentlicht worden? Wenn ja, wo? Ist noch mehr Evaluation geplant?
Der multidisziplinäre Ansatz der Therapie beinhaltet Elemente, deren Wirksamkeit in der Fachliteratur vielfach belegt ist. Das Behandlungskonzept basiert auf den medizinischen Leitlinien zur Behandlung von erektiler Dysfunktion. Erste Daten der Kranus Edera App wurden im September auf dem 73. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. in Stuttgart 2021 präsentiert. Ein Paper ist bei der peer reviewed Fachzeitschrift „Der Urologe“ eingereicht und ist derzeit in Begutachtung. Kranus Health ist eine „scientific company“, das heißt wir werden kontinuierlich weitere Studien, Vorträge und Veröffentlichungen produzieren. Eine große, randomisiert-kontrollierte Studie ist 2022 in Zusammenarbeit mit Frau Prof. Dr. med. Sabine Kliesch und dem Universitätsklinikum Münster geplant.