Kardiovaskulären Komorbiditäten

Naturmedizin 3/2019

Erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes mit Psoriasis

Patienten, die an einer Psoriasis (PsO) leiden, tragen bekanntlich ein erhöhtes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Die Ursache dafür liegt vermutlich in der systemischen Inflammation, die beide Erkrankungen charakterisiert. Als Arzt steht man vor der Auf gabe, Psoriasispatienten mit frühzeitigen Präventionsmaßnahmen vor metabolischen und kardiovaskulären Komorbiditäten zu schützen.
Ursache im Lipidstoffwechsel?
Zu den genauen mechanistischen und genetischen Zusammenhängen zwischen PsO und Typ-2-Diabetes gibt es nur wenige Daten. So wurde in einer Studie die miRNA in der läsionalen und nicht läsionalen Haut von PsO-Patienten verglichen. In der läsionalen Haut war miRNA hochreguliert, die mit der Cholesterinabgabe assoziiert ist, und eine mögliche Brücke zur Pathogenese des Typ-2-Diabetes schlagen könnte.
In einer anderen Untersuchung fand man erhöhte Konzentrationen des Lipidtransportproteins Clusterin bei PsO-Patienten verglichen mit gesunden Kontrollprobanden. Welche Rolle genau diese Ergebnisse aber im Kontext der PsO und des Risikos für Typ-2-Diabetes spielen, ist noch unklar.
Auf Ebene der Gene identifizierten chinesische Forscher bei Typ-2-Diabetikern zwei SNPs (single nucleotide polymorphism), von welchen eines mit PsO und der PsO-Schwere in Verbindung steht.
Mit einer globalen Prävalenz von 2 bis 4 % zählt die Psoriasis zu den häufigsten chronisch- entzündlichen Hauterkrankungen. Studien zu den Pathomechanismen dieser Hauterkrankung legen nahe, dass sie in Verbindung mit dem metabolischen Syndrom und Typ-2-Dia betes steht. Die dafür verantwortlichen Mechanismen sind jedoch nach wie vor weitgehend unklar, ebenso wie die Frage, welche der beiden Erkrankungen der anderen voraus geht. Ein Review fasst die bisherigen Erkenntnisse aus 25 Fall-Kon troll-Studien, 14 retrospektiven sowie 18 prospektiven Kohortenstudien und einer Fallserie zusammen (Veröffentlichungszeitraum 1995 bis 2018).
 
Unabhängig von Alter und Erkrankungsschwere
Aus 15 Studien aus zehn verschiedenen Ländern mit im Schnitt 2.694 PsO- Patienten berechneten die Autoren eine durchschnittliche Typ-2-Diabetes-Prävalenz bei PsO-Patienten von 11,6 % (Gesamtbereich 7 bis 15,4 %). Eine Assoziation zwischen der Häufigkeit von Typ-2-Diabetes und dem Alter der Patienten wurde in den Studien nicht beobachtet.
 
Prävalenz deutlich höher
Nach den Ergebnissen von elf Studien liegt die Diabetesprävalenz bei PsO-Patienten (durchschnittliche Teilnehmerzahl n = 906) damit deutlich höher als bei gesunden Kontrollen (mediane Prävalenz 10,6 vs. 6,2 %). Allerdings gingen die in den Studien beobachteten Unterschiede in den Diabetesraten von Personen mit gegenüber ohne PsO weit auseinander, sodass sich die Höhe des Diabetesrisikos von Psoriasispatienten schwer beziffern lässt.
Frühere Studien ließen vermuten, dass das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, bei psoriatischen Patienten von der Schwere ihrer Hauterkrankung abhängt. Die aktuelle Datenlage spricht insgesamt allerdings nicht für einen Zusammenhang zwischen der Diabetesprävalenz und dem mittleren PASI-Score (PASI = Psoriasis Area and Severity Index).
Eine große Kohortenstudie aus Taiwan kam indes zu dem Schluss, dass das Diabetesrisiko von PsO-Patienten sowohl von der Erkrankungsschwere als auch von der Komorbiditätslast und der begleitenden Medikation moduliert wird. Möglich ist auch, dass die PsO-Schwere zwar nicht mit dem Typ-2-Diabetes-Risiko an sich, aber mit dessen ursächlichen Komponenten wie Insulinresistenz, Nüchternglucose- oder HbA1c-Spiegel korreliert.
In einer weiteren Studie wurde gezeigt, dass Patienten, deren Psoriasis erst im Erwachsenenalter ausgebrochen war, signifikant mehr Komorbiditäten aufwiesen als PsO-Patienten mit Krankheitsausbruch in der Kindheit.
Maßgeblich für das Risiko eines Typ-2-Diabetes ist daher vermutlich weniger die Dauer der Psoriasis als vielmehr ein chronisch ungesunder Lebensstil.
 
Antidiabetika gegen Psoriasis
Dass es einen Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und Psoriasis gibt, bestätigt auch eine kleine experimentelle Studie aus China. Darin wurde sieben PsO- Patienten, die auch an Typ-2-Diabetes litten, hypodermal das GLP-1-Analogon Liraglutid 1,8 mg verabreicht. Nach zwölfwöchiger Therapie hatten sich HbA1c, BMI, HOMA-IR und C-Peptidspiegel verbessert.
Aber auch der PASI- Score der Probanden war von 15,7 ± 11,8 auf 2,2 ± 3,0 signifikant zurückgegangen (p = 0,03), und die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten, gemessen am DLQI (Dermatology Life Quality Index), war signifikant gestiegen. Histologisch war nach der Therapie eine Reduktion in der Dicke der Epidermis feststellbar.
 
Später PsO-Typ häufiger betroffen
Bei nicht pustulärer Psoriasis wird abhängig vom Patientenalter zum Ausbruchszeitpunkt zwischen einer frühen und einer späten Form unterschieden. Diese Sub typen unterscheiden sich in ihrem immunologischen Profil und auch hinsichtlich des Diabetesrisikos.
So zeigten in einer Studie mit knapp 3.000 PsO-Patienten diejenigen mit frühem PsO-Ausbruch eine höhere Resistenz gegen kutane bakterielle Infek tionen und weniger Immun erkrankungen der Haut als Kontrollpersonen mit anderen dermatologischen Diagnosen. Hinsichtlich Typ-2-Diabetes tragen Patienten mit spät ausgebrochener PsO ein höheres Risiko als Patienten mit früher PsO.
 
Mehr Risiko mit Psoriasisarthritis?
Bis zu 30 % aller PsO-Patienten leiden auch unter Psoriasisarthritis (PsA). Ob eine zusätzliche Psoriasisarthritis das Diabetesrisiko von PsO-Patienten noch weiter verstärkt, ist unklar – die Datenlage hierzu ist gemischt. Es ist aber wahrscheinlich, dass die Psoriasisarthritis auf eine verstärkte systemische inflammatorische Beteiligung hinweist.
Eine autoimmune Erkrankungskomponente ist dagegen vermutlich nicht verantwortlich für den Zusammenhang von Psoriasis und Diabetes. Denn das Risiko für Typ-1-Diabetes unterschied sich in Studien zwischen Patienten mit PsO und jenen mit PsO sowie PsA nicht.
ICD-Codes: L40.9

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