Lebensstil, Psyche, Adhärenz

Naturmedizin 4/2019

Ein paar Tricks, um Patienten zu motivieren

Als Hausarzt hat man es sehr häufig mit chronisch kranken Patienten sowie mit anderen zu tun, die viel für ihre Gesundheit tun könnten, sei es, indem sie sich das Rauchen abgewöhnen oder sich strenger an ihren Medikationsplan halten würden. Den Patienten aber zu einer Änderung seines Verhaltens zu motivieren, ist oft mühsam und zeitaufwendig. Mit ein paar Tricks klappt es jedoch.
Patienten effektiv in nur drei Minuten zum Rauchstopp beraten, in fünf zur Alkoholabstinenz und in acht zur Ernährung? So funktioniert ´s: Der erste Schritt besteht darin einzuschätzen, wie sehr der Patient überhaupt bereit ist, etwas in seinem Leben zu ändern. Bei der Einordnung hilft das transtheoretische Modell. Schwierig sind vor allem diejenigen Patienten, die gar nicht auf die Idee kommen, ihre bisherige Lebensweise anzuzweifeln. Anstatt ihnen Nachlässigkeit mit ihrer Gesundheit vorzuwerfen, sollte man diesen Kandidaten besser die Vorzüge einer Lebensstilumstellung aufzeigen.
Um Patienten den Schritt von der Überlegung zur Umsetzung neuer Gewohnheiten zu erleichtern, sollte man dann darauf eingehen, wo die persönlichen Barrieren des Patienten liegen und was man dagegen tun kann. Ist der Patient bereits dabei, sein Verhalten umzustellen, ist es wichtig, Rückfälle nicht als Misserfolg, sondern als Lernerfahrung darzustellen, damit der Patient nicht frustriert das Handtuch schmeißt.
 
Für Motivierte: 5-A und FRAMES
Patienten, die offen für ärztlichen Rat sind, ist schon mit der 5-A-Strategie geholfen: Befragen Sie Ihren Patienten zu seinen aktuellen Gewohnheiten, z. B. wie viel er in der letzten Woche geraucht oder Alkohol konsumiert hat (Ask), und geben Sie ihm objektiv Auskunft über Normalwerte und Gesundheitsempfehlungen (Advise). Profitipp: Formulieren Sie diese besser mit „Ich empfehle ...“ als mit „Sie sollten ...“. Erkundigen Sie sich nach dem Wissensstand des Patienten (Assess), helfen Sie ihm dann, eine geeignete Strategie zu finden (Assist), und schaffen Sie mit Kontrollterminen Struktur (Arrange).
Eine alternative Strategie beschreibt das FRAME-Schema: An erster Stelle steht hier ein ausführliches Feedback zum aktuellen Zustand des Patienten. Der Abgleich von Laborwerten und ähnlichen Zahlen mit den Normalwerten hilft vielen, ihren Gesundheitszustand überhaupt erst richtig einordnen zu können. Wichtig ist auch, den Patienten nicht bloße Vorschriften zu machen, sondern erst um Erlaubnis zu bitten, bevor Sie Ihre Empfehlung aussprechen. Lassen Sie den Patienten selbst entscheiden, wie er sein Verhalten ändern möchte. Denn die Stärkung der Selbstverantwortung (Responsibility) kann ungemein motivierend wirken. Klären Sie den Patienten zu den aktuellen Gesundheitsempfehlungen auf (Advice) und machen Sie geeignete konkrete Vorschläge für deren Umsetzung (Menu of options). Zeigen Sie stets Empathie für Ihren Patienten, damit er sich verstanden fühlt, und stärken Sie seine Selbstwirksamkeit (Self-efficacy), indem Sie ihn darauf aufmerksam machen, was er bereits geschafft hat.
 
So sorgen Sie für Motivation
Weniger beratungswillige oder noch unschlüssige Personen lassen sich besser mit motivierender Gesprächsführung zu Verhaltensänderungen bewegen. Dabei hilft man dem Patienten mit offenen Fragen („Wie kann ich Ihnen helfen?“, „Wie stehen Sie selbst zu Ihrem Alkoholkonsum?“), dessen eigene Gründe für oder wider eine Lebensstilumstellung herauszufinden. Indem man die Aussagen des Patienten wiederholt und zusammenfasst, fühlt sich dieser gehört und wird auf den Kern seiner Problematik gelenkt. Der Patient kann seine Problematik so klarer erkennen, und die nächsten erforderlichen Schritte lassen sich leichter formulieren. Affirmierende Worte sorgen für die nötige Motivation (z. B.: „Sie rauchen schon seit Ihrer Jugend. Sie können daher stolz auf sich sein, sich nun zum Aufhören entschieden zu haben“).
Speziell für die Beratung von Patienten mit psychologischen Problemen wurde das BATHE-Schema konzipiert: Zunächst macht man sich ein genaues Bild von dem Hintergrund der Problematik (background). Da es nicht jedem Klienten leichtfällt, das, was ihn belastet, in Worte zu fassen, gilt es auch, auf dessen Affekt zu achten, also z. B. auf die Stimmfärbung, Haltung und Gesichtsausdruck, um den emotionalen Zustand des Patienten möglichst gut einschätzen zu können. Erkundigen Sie sich, welche seiner Sorgen (troubles) dem Patienten in seiner aktuellen Situation am meisten zu schaffen macht. Lassen Sie sich nicht dazu hinreißen, seine Gesamtsituation vollständig ergründen zu wollen, sondern fokussieren Sie sich auf ein zentrales Problem, für das Sie dem Patienten konkrete Handlungsstrategien (handling) geben können, und bleiben Sie auch hier immer empathisch.
Sind Verhaltensänderungen in mehreren Bereichen notwendig, kann man diese durchaus auch in einem Zug angehen.
Quelle: Searight HR: Counseling patients in primary care: evidence-based strategies. Am Fam Phys 2018; 98(12): 719-28

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