Gewalt durch Partner in der Schwangerschaft

Naturmedizin 3/2020

Das Kind ist immer betroffen

Die Mortalität von Feten und Neugeborenen hängt mit vielen Risikofaktoren zusammen. Einer ist die Gewalt durch Partner. Spanische Experten raten dringend, dieses Problem durch Screeningmethoden aufzudecken.
Als Mortalitätsrisiken für den Nachwuchs führen die Autoren Adipositas der Mutter, Diabetes, Hypertonie, Alkohol- und Tabakmissbrauch, Leben in ländlichen Regionen, Ethnie und schließlich Partnergewalt auf. Als Risiken für die Gesundheit des Kindes allgemein werden darüber hinaus z. B. Infektionen der Mutter, Umwelteinflüsse, psychiatrische Erkrankungen und psychosozialer Stress genannt.
Partnergewalt kann physischer, psychischer, sexueller oder anderer Art sein. Der Zusammenhang mit der Sterblichkeit des Nachwuchses wurde bisher nicht gründlich erforscht. Die Spanier gingen dem Problem mithilfe einer Metaanalyse nach. Dabei war ihnen vor allem der sozioökonomische Kontext wichtig. Die Suche nach einschlägigen Beobachtungsstudien förderte 17 brauchbare Texte zutage. Sie schlossen insgesamt 32.397.499 schwangere Frauen ein
 
Deutlicher Zusammenhang
Für Partnergewalt jeder Art ergab sich eine rund dreifache Erhöhung des Risikos für perinatalen Tod. Es gab aber Unterschiede je nach Studiendesign und Patientencharakterisierung. Aus den Studien, die sich auf körperliche Gewalt konzentrierten, ermittelte man eine OR (Odds Ratio) von 2,46. Aus den wenigen Studien zu den Folgen von sexueller bzw. psychischer Gewalt gegenüber Schwangeren errechneten sich OR-Werte von 3,19 (signifikant) bzw. 1,77 (nicht signifikant). Die Assoziationen erwiesen sich als stärker in Ländern mit höherem Bruttosozialprodukt und einem höheren Anteil von Gesundheitsausgaben am staatlichen Budget.
Die Autoren geben einige Schwächen ihrer Analyse an. So blieb unklar, zu welcher Zeit die Daten in den Originalstudien gesammelt, welche Art von Fragebogen verwendet, wie die Interviewer geschult und welche Bevölkerungsgruppen befragt worden waren. Die Zahl der Studien ist auch nicht sehr hoch, vor allem bezüglich der Untergruppen von Partnergewalt. Die Tatsache, dass sowohl Gewalt in der Schwangerschaft als auch perinataler Tod in der Durchschnittsbevölkerung statistisch seltene Ereignisse sind, macht für verlässliche Aussagen Studien mit hohen Teilnehmerzahlen nötig. Unberücksichtigt blieben auch die Fälle, in denen verschiedene Arten von Partnergewalt in Kombination vorkamen. Die Tatsache, dass die Assoziationen in wohlhabenderen Ländern besonders stark ausgeprägt waren, begründen die Autoren damit, dass in solchen mehr Geld für die Identifizierung von Partnergewalt ausgegeben wird und demzufolge auch mehr Fälle gefunden werden. Die Wahrnehmung solcher Gewalt kann auch kulturell oder religiös beeinflusst werden.
 
Was kann man tun?
Es gibt verschiedene Initiativen, die zum Ziel haben, die Gesundheit Neugeborener zu fördern. Verbesserungen sind oft nötig bei der Bereitstellung qualifizierter Interventionen, der Verminderung von Ungleichheiten, der Einbeziehung von Familien und Gemeinschaften und der Verbesserung der Informationssysteme.
Die WHO schätzt, dass mit einer Schwangerenvorsorge, die mindestens acht Visiten einschließt, im Vergleich zu vier Visiten ein perinataler Tod bei bis zu acht von 1.000 Geburten verhindert werden kann. Die Ergebnisse der Metaanalyse sprechen dafür, dass auch Maßnahmen zur Aufdeckung von Partnergewalt zur Vorsorge oder schon zur Beratung bei der Familienplanung gehören sollten. Der Arzt könnte schon mit einfachen Schlüsselfragen einem derartigen Problem auf die Spur kommen. Dennoch müssen ein standardisiertes Prozedere, das Erlernen der Befragungstechniken, Achtung der Privatsphäre und Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen sichergestellt werden.
Daten aus den wenigen Kohortenstudien, die es zu diesem Thema gibt, sprechen dafür, dass bis zu 60 % der perinatalen Todesfälle etwas mit Partnergewalt zu tun haben. Prophylaxe und Hilfe für die Betroffenen könnten diese extremen Folgen verhindern.
Quelle: Pastor-Moreno G et al.: Intimate partner violence during pregnancy and risk of fetal and neonatal death: a meta-analysis with socioeconomic context. Am J Obstet Gynecol

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