In einer Geburtskohorte von 2.606 norwegischen Mutter-Kind-Paaren, die zwischen 2002 und 2009 in die Human Milk Study (HUMIS) eingeschlossen worden waren, lagen für 1.199 Paare Daten zur neurologisch-psychiatrischen Entwicklung der Kinder vor. 55 (4,6 %) hatten im Jahr 2016 die Diagnose einer ADHS nach ICD-10 (hyperkinetische Störung) erhalten. Als Proxy für die frühkindliche Belastung wurden die Konzentrationen von 27 organischen Schadstoffen in der Muttermilch in vier Klassen gemessen. Dies waren 14 polychlorierte Biphenyle (PCB), fünf Organochlorpestizide (OCP), sechs bromierte Flammschutzmittel (Polybromierter-Diphenyläther, PBDE) und zwei Perfluoralkylsäuren (PFAS).
Zehn Substanzen zeigten eine Verbindung mit einer kindlichen ADHS, am robustesten war diese für vier: So gingen die Konzentrationen von Perfluoroctansulfonat (PFOS) und b-Hexachlorcyclohexan (b-HCH) mit einer signifikant erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine ADHS einher: Pro Anstieg der interquartilen Spanne (IQR) der Konzentrationen ergab sich eine Risikoerhöhung um 77 % für PFOS (Odds Ratio: 1,77, 95 %-KI: 1,16 - 2,72) und um 79 % für b-HCH (OR: 1,79; 95 %-KI 1,21 - 2.65). Darüber hinaus zeigte Hexa chlorbenzol (HCB) eine nicht lineare Assoziation mit der ADHS mit einer Risikoverringerung um 53 % bei höheren (> 8 ng/g) Konzentrationen (OR: 0,47; 95 %-KI: 0,29 - 0,77) und einem Risikoanstieg im niedrigen Expositionsbereich. Gänzlich unerwartet war, dass die Muttermilchkonzentrationen des DDT-Metaboliten p, p‘-DDE mit einer um 36 % geringeren ADHS-Wahrscheinlichkeit verknüpft waren (OR: 0,64; 95 %-KI: 0,42 - 0,97). Die Effekte für die 23 übrigen Schadstoffe waren geringer und uneinheitlicher. In einer a-posteriori-Analyse wurde festgestellt, dass die wesentliche Quelle für die vier Substanzen der Fischverzehr war (+ 4 - 7 % pro IQR). Fette Fischarten waren ein Prädiktor für b-HCH, HCB und p, p‘-DDE und magerer Fisch für PFOS.